Die Präsidentin des Niedersächsischen Landtages spricht in Helmstedt über ein geschichtsträchtiges Jubiläum

Dr. Gabriele Andretta ließ in ihrer Rede zum 100jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts keinen Zweifel daran, dass in den einhundert Jahren seit der Einführung des Frauenwahlrechts viel erreicht wurde, doch sie betonte auch: „Unbestreitbare Fortschritte können nicht darüber hinwegtäuschen: Auch 100 Jahre später sind wir von der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter noch weit entfernt.“ Und deshalb forderte sie dazu auf, weiterhin auf Fortschritt zu beharren: „Führen wie die Debatte für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen weiter – mutig und entschlossen.“

Auf Einladung des SPD-Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden des Unterbezirks Jörn Domeier sprach die Präsidentin des Niedersächsischen Landtages auf einer Abendveranstaltung im Schützenhaus in Helmstedt. Zuvor hatte Dr. Andretta das AWO-MehrGenerationenHaus besucht, um sich vor Ort von der geschäftsführenden Leiterin, Ute Wirkus, über die Angebote und Anliegen der Einrichtung informieren zu lassen.

Organisiert hatte die Vortragsveranstaltung die kürzlich wiedergegründete Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) gemeinsam mit dem SPD-Unterbezirk mit dem Ziel, die Erringung des Frauenwahlrechts vor hundert Jahren als einen Meilenstein in der Geschichte der Demokratie in Deutschland und Grundlage für die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sichtbar zu machen.

Einen Höhepunkt des Abends bildete ohne Zweifel das Grußwort von Hildegard Brauer-Köhler aus Königslutter, die seit über 72 Jahren Mitglied der SPD ist. Sie wurde von der ASF-Vorsitzenden Christine M. Kaiser als eine der letzten Zeitzeuginnen vorgestellt. So könne sie nicht nur von den Schrecken des nationalsozialistischen Terrors wie den Novemberpogromen, die sie als junge Frau in Hamburg erlebte, aus eigener Anschauung berichten, sondern habe auch die Zeit nach 1945, als die Sozialdemokratinnen Elisabeth Selbert und Frieda Nadig für die Aufnahme des Gleichberechtigungsartikels ins Grundgesetz stritten, hautnah miterlebt.

Die Neunundneunzigjährige, 1919 in dem Jahr geboren, als Frauen am 19. Januar in Deutschland erstmalig das aktive und passive Wahlrecht ausüben durften, machte in ihrer kurzen Rede deutlich, wie wichtig ihr der Kampf um die Frauenrechte stets war, und forderte dazu auf, nicht nachzulassen in diesem Kampf: „Bleibt dran, macht weiter!“ Überrascht ob der stehenden Ovationen des Publikums überließ Hildegard Brauer-Köhler anschließend der sichtlich bewegten Landtagspräsidentin das Mikrofon. Diese konnte im Rahmen ihres Vortrags auch auf die von den SPD-Frauen eingangs vorgetragenen programmatischen Texte der Wegbereiterinnen der Demokratie Bezug nehmen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert für das Frauenstimmrecht eintraten und es schließlich erkämpften. Die sich dem Vortrag anschließende kurze Diskussionsrunde machte nochmals deutlich, wie viele Hürden auf dem Weg zu einer echten Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in Deutschland noch zu nehmen sind.

Das abwechslungsreiche Programm wurde dezent umrahmt von der Musik des Duos „Listen Two“, bestehend aus Andrea Stüber und Andreas Reifenrath. Auch Ihnen galt am Ende der Applaus des Publikums.